Fassadenbefahranlagen
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Fassadenbefahranlagen
Fassadenbefahranlagen sind spezialisierte Hebe- und Laufsteigsysteme, die zum sicheren Zugang für Inspektion, Reinigung und Instandhaltung großer Gebäudeaußenflächen eingesetzt werden. Sie dienen der Wartung und Werterhaltung der Gebäudehülle. Ein sorgfältig geregelter Betrieb dieser Anlagen ist wichtig, um Unfälle zu vermeiden und den kontinuierlichen Betrieb des Gebäudes sicherzustellen. Die Betreiberpflichten für Fassadenbefahranlagen nach BetrSichV und TRBS 3121 erfordern ein strukturiertes, risikobasiertes Vorgehen. Nur durch konsequente Planung von Inbetriebnahme-, wiederkehrenden Prüfungen und Wartungen sowie lückenlose Dokumentation kann die Sicherheit von Beschäftigten und Nutzern dauerhaft gewährleistet werden. Die Beachtung dieser Anforderungen minimiert Haftungsrisiken, fördert die Zuverlässigkeit der Anlage und trägt wesentlich zum Schutz von Personal und Gebäudestruktur bei. Eine klare Verantwortungszuweisung und fortlaufende Optimierung der Abläufe stellen den Erfolg der Betreiberpflichten im Praxisbetrieb sicher.
Sichere Nutzung und Wartung von Fassadenbefahranlagen
- Gesetzlicher
- Betreiberpflichten
- Wiederinbetriebnahmeprüfung
- Prüfungen
- Instandhaltungsmaßnahmen
- Betriebsumfeld
- Funktionskontrollen
- Betriebsanweisungen
- Meldepflichten
- Risikomanagement
- Qualitätssicherung
- Muster-Tabelle
- FM-Prozesse
Gesetzlicher und normativer Rahmen
Fassadenbefahranlagen fallen unter die Kategorie der Aufzugsanlagen (Anhang 2, Abschnitt 2, Nr. 2 BetrSichV). Demnach gelten für sie die Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) insbesondere zur Inbetriebnahme, Prüfung und Wartung. Die TRBS 3121 („Betrieb von Aufzugsanlagen“) konkretisiert darüber hinaus die Anforderungen an den sicheren Betrieb solcher Hebebühnen und Befahranlagen. Zusätzlich ist das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) maßgeblich: Es fordert eine Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsmittel einschließlich der Ableitung geeigneter Schutzmaßnahmen. Ergänzend erlassen die Unfallversicherungsträger (DGUV) weitere Vorschriften, etwa die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“. Für prüfpflichtige Anlagen sind zudem zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS) vorgesehen, die die vorgeschriebenen Prüfungen fachkundig durchführen.
Allgemeine Betreiberpflichten
Der Betreiber hat die sichere Nutzung der Fassadenbefahranlage jederzeit zu gewährleisten (Verkehrssicherungspflicht). Dazu gehören die Umsetzung grundlegender Schutzmaßnahmen nach BetrSichV § 6 sowie die klare Abgrenzung und Absperrung des Betriebsbereichs gegen Unbefugte. Der Betreiber muss geeignete verantwortliche Personen benennen (z. B. einen „Beauftragten für Aufzugsanlagen“ oder eine fachkundige Person) und deren Qualifikation nachweisen. Des Weiteren sind Prüf- und Wartungspläne zu erstellen sowie klare Zuständigkeiten festzulegen. Alle durchgeführten Prüfungen, Wartungen und Kontrollen sind lückenlos zu dokumentieren. Prüfberichte, Instandhaltungsprotokolle und Wartungsnachweise sind aufzubewahren und bei Bedarf Aufsichtsbehörden oder Versicherern vorzulegen. Werden Risiken identifiziert (z. B. anhand einer Gefährdungsbeurteilung oder eines Risikobaums), ist der Betreiber zur Ergreifung angemessener Maßnahmen verpflichtet. Oft werden dabei Risikowerte verwendet (z. B. 31 für mittlere Gefährdung oder 35 für hohe Gefährdung), die als Grundlage für Priorisierungen dienen.
Erst- und Wiederinbetriebnahmeprüfung
Vor der erstmaligen Inbetriebnahme einer Fassadenbefahranlage sowie nach prüfpflichtigen Änderungen (z. B. Umbauten, Sanierungen oder wesentlichen technischen Veränderungen) muss eine Erstprüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) erfolgen (§15 BetrSichV). Die ZÜS inspiziert alle sicherheitsrelevanten Komponenten (Träger, Seile, Bremsen, Steuerung, Anschlagpunkte) und überprüft die Einhaltung der technischen Unterlagen (z. B. Konstruktionszeichnungen, Bedienanleitungen). Der Betreiber ist verpflichtet, alle erforderlichen Unterlagen und Zertifikate bereitzustellen. Nach erfolgreicher Prüfung stellt die ZÜS ein Prüfzeugnis aus. Dadurch wird sichergestellt, dass kritische Gefährdungen bereits vor der Inbetriebnahme ausgeschlossen sind (Risiko 31).
Wiederkehrende Prüfungen
Fassadenbefahranlagen unterliegen regelmäßigen Hauptprüfungen durch eine ZÜS (§16 BetrSichV). Üblicherweise muss die wiederkehrende Prüfung alle zwei Jahre erfolgen. Abhängig von Einsatzdauer, Umgebungsbedingungen oder Schadensereignissen kann jedoch eine kürzere Frist vorgeschrieben sein. Der Betreiber sorgt dafür, dass alle Prüfungen fristgerecht vorgenommen werden. Prüfbescheinigungen sind dauerhaft aufzubewahren, beispielsweise im Anlagenbuch oder an der Anlage selbst. Werden bei einer Prüfung sicherheitsrelevante Mängel festgestellt, ist unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Bei schwerwiegenden Mängeln (Risiko 35 – Ausfall mit hoher Gefährdung) ist die Anlage außer Betrieb zu nehmen, bis die Fehler behoben sind.
Instandhaltungsmaßnahmen
Gemäß §10 BetrSichV hat der Betreiber Instandhaltungsmaßnahmen zu treffen, damit die Anlage während ihrer gesamten Lebensdauer sicher bleibt. Die Wartung erfolgt nach den Herstellervorgaben und den Anforderungen von Anhang 1 Nr. 4.2 BetrSichV. Man unterscheidet zwischen vorbeugender Wartung (geplante Inspektionen, Schmierung und Austausch verschlissener Teile) und korrigierender Instandhaltung (Reparatur nach Feststellung eines Fehlers). Wartungsarbeiten dürfen nur von sachkundigem Personal oder spezialisierten Fachfirmen durchgeführt werden. Nur so kann die dauerhafte Funktionsfähigkeit der Anlage gewährleistet werden (Risiko 31).
Sicheres Betriebsumfeld
Der Betreiber muss sicherstellen, dass im Umfeld der Anlage keine zusätzlichen Gefahren auftreten. Hierzu gehören regelmäßige Kontrollen der Befestigungs- und Ankerpunkte sowie des Aufhängungssystems, um bauliche Veränderungen oder Korrosion zu erkennen. Provisorische Installationen wie Gerüste oder Leitern dürfen die Anlage nicht behindern. Bei parallelen Arbeiten an der Fassade ist eine enge Abstimmung mit anderen Gewerken erforderlich, um Kollisionen oder Beschädigungen zu vermeiden. Lose Gegenstände, ungesicherte Öffnungen oder sonstige Hindernisse sind sofort zu entfernen. So wird das Risiko externer Gefährdungen (Risiko 31) minimiert.
Sicht- und Funktionskontrollen
Vor jeder Nutzung und in regelmäßigen Abständen sind Sicht- und Funktionskontrollen durchzuführen. Eingewiesene Personen prüfen dabei systematisch alle sicherheitsrelevanten Elemente der Anlage. Typische Prüfpunkte sind der Seilverlauf und -zustand, Laufschienen, Bremsen, Notstopp-Einrichtung, Endschalter, Puffer sowie die korrekte Montage aller Bauteile. Die Häufigkeit dieser Kontrollen richtet sich nach den Vorgaben des Herstellers und der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung (in der Regel wöchentlich oder vor jedem Einsatz). Dadurch sollen Mängel frühzeitig erkannt werden (Risiko 31 – Früherkennung).
Betriebsanweisungen (TRBS 3121)
Der Betreiber ist verpflichtet, schriftliche Betriebsanweisungen für die Fassadenbefahranlage bereitzustellen. Diese Anweisungen erläutern den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Anlage, weisen auf Gefahren im Betrieb hin und beschreiben das Vorgehen im Stör- oder Notfall. Inhalte sind unter anderem Befugnisse und Zuständigkeiten, erforderliche Schutzkleidung (PSA), Alarm- und Rettungsmaßnahmen sowie Kontaktdaten von Notfall- oder Wartungspersonal. Die Betriebsanweisungen müssen allen Bedienern und Wartungskräften zugänglich sein und bei technischen oder rechtlichen Änderungen aktualisiert werden.
Dokumentations- und Meldepflichten
Der Betreiber führt ein zentrales Prüf- und Wartungsbuch, in dem alle Inspektionen, Prüfungen und Instandhaltungsmaßnahmen eingetragen werden. Prüfberichte, Zertifikate und Wartungsprotokolle sind für die vorgeschriebenen Fristen aufzubewahren (mindestens bis zur nächsten turnusmäßigen Prüfung). Bei Feststellung gravierender Mängel oder Unfällen ist umgehend das Management zu informieren. Im internen Berichtswesen werden alle Mängel und Beinaheunfälle dokumentiert. Die gesammelten Dokumente müssen bei Audits durch Aufsichtsbehörden oder ZÜS-Überprüfungen vorgelegt werden.
Sicherheit und Risikomanagement
Fassadenbefahranlagen sind in die betriebliche Gefährdungsbeurteilung (nach ArbSchG) vollständig einzubeziehen. Dabei werden mögliche Gefährdungen systematisch erfasst, etwa Absturzgefahr, mechanisches Versagen (z. B. Seilschaden) oder falsche Bedienung. Basierend auf der Risikoanalyse (mittels Risikowerten z. B. 31–35) sind geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. Zudem sind Ersatzmaßnahmen zu planen, falls die Anlage ausfällt (z. B. temporärer Gerüstaufbau oder alternative Zugänge). Reserveausrüstung (z. B. Reserveabseilgeräte, Rettungsgeräte oder Absperrbänder) sollte bereitgehalten werden, um Ausfallzeiten zu überbrücken und die Sicherheit zu erhöhen (Risiko 31).
Qualitätssicherung und Leistungsüberwachung
Für die Betreiberpflichten werden Kennzahlen (KPIs) definiert, um die Leistung zu messen. Übliche KPIs sind die Einhaltungsquote der Prüfintervalle, die mittlere Ausfallzeit der Anlage sowie die Reaktionszeit bei Mängelmeldungen. Die Qualität der Wartungsarbeiten und Prüfungen der beauftragten Dienstleister wird regelmäßig kontrolliert (z. B. in Audits oder Nachbesprechungen). Abweichungen von den Qualitätsstandards werden dokumentiert und analysiert, und bei Bedarf werden sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet. So führt eine kontinuierliche Verbesserung insgesamt zu höherer Betriebssicherheit.
Muster-Tabelle – Prüf- und Wartungspflichten
| Verpflichtung | Rechtsgrundlage | Häufigkeit | Verantwortlich | Dokumentation | Risikowert |
|---|---|---|---|---|---|
| Erstprüfung vor Inbetriebnahme | BetrSichV §15 Abs. 1 i.V.m. Anhang 2 Abschn. 2 Nr. 3 | Vor der Inbetriebnahme | ZÜS (zugelassene Überwachungsstelle) | Prüfzeugnis | 31 |
| Wiederkehrende Prüfung | BetrSichV §16 Abs. 1 i.V.m. Anhang 2 Abschn. 2 Nr. 4 | Gemäß gesetzlichem Intervall (z. B. alle 2 Jahre) | ZÜS | Prüfbericht | 35 |
| Sicht- und Funktionskontrolle | BetrSichV §6 i.V.m. Anhang 1 Nr. 4.6 | Regelmäßig (z. B. wöchentlich oder vor jedem Einsatz) | Betreiber / geschulte Personen | Kontrollprotokoll | 31 |
| Instandhaltungsmaßnahmen | BetrSichV §6 i.V.m. Anhang 1 Nr. 4.2 und §10 | Nach Herstellervorgaben bzw. bei Bedarf | Qualifizierter Dienstleister (Fachfirma) | Wartungsnachweis | 31 |
| Betriebsanweisungen | TRBS 3121 §3.3.1 (4) | Ständig verfügbar, regelmäßig aktualisierbar | Betreiber | Schriftliche Betriebsanweisung | 31 |
Integration in FM-Prozesse
Die Betriebsführung der Fassadenbefahranlage muss im gesamten Facility Management verankert sein. Reinigungs- und Wartungszyklen der Fassade sind so zu koordinieren, dass die Anlage planbar für notwendige Arbeiten zur Verfügung steht. Die Einbindung in ein CAFM-System erleichtert diese Planung und verhindert Überschneidungen mit anderen Tätigkeiten (z. B. Stromabschaltungen, Gerüstnutzung oder Reinigungsplänen). Schnittstellen zu weiteren Sicherheitskomponenten (z. B. Absturzsicherungssysteme, Rettungsausrüstung) müssen definiert werden. Wichtig ist auch die regelmäßige Schulung des Personals, damit Bediener und Wartungskräfte mit den Abläufen und Schutzmaßnahmen vertraut sind. So wird sichergestellt, dass bei Störungen oder Unfällen schnell und sicher reagiert werden kann.
